Wohin die Menschheit geht? Wer weiß das!
Zu Pier Paolo Pasolinis Film "Große Vögel - Kleine Vögel" (1965)


(Auszug):

27.8.1964, der Tag, an dem Palmiro Togliatti bestattet wird, Mitbegründer und langjähriger Zentralsekretär der KPI, einer der Wegbereiter des Eurokommunismus. Sein Begräbnis sollte zu einer der größten politischen Kundgebungen der italienischen Geschichte werden: Hunderttausende fanden sich auf den Straßen Roms ein, um dem Kommunistenführer die letzte Ehre zu erweisen, Fahnen und Transparente tragend, die Hand zur Faust geballt oder sich vor dem Aufgebahrten bekreuzigend. Doch der Film läßt keinen Zweifel: diese Bilder markieren in ihm das Ende einer Epoche, das Ende des Sozialismus als politischer Alternative.
"Mein Pessimismus drängt mich, die Zukunft schwarz zu sehen, unerträglich für einen humanistischen Blick, beherrscht von einem Neo-Imperialismus, dessen Formen in Wirklichkeit unvorhersehbar sind." So hatte Pasolini 1964 geschrieben, ein Jahr vor "Große Vögel - kleine Vögel", als er mit seiner Verfilmung des Matthäus-Evangeliums großen internationalen Erfolg hatte, jedoch nicht den Erfolg, den er sich erhofft hatte. Entstanden unter dem Eindruck einer Öffnung der katholischen Kirche gegenüber sozialen Themen, sollte "Das Erste Evangelium: Matthäus" den Widerspruch hervorkehren, in dem dasselbe als in seiner Wirkungsmacht noch ungebrochener, mediterraner Mythos zu den Entwicklungstendenzen einer Zeit stand, die auf eine Eliminierung jeder Tradition abzielten. Doch diese Botschaft kam nicht an - wenige teilten Pasolinis Pessimismus und seine Folgerungen: daß es Zeit ist, die Kräfte der Opposition gegen das kapitalistische Projekt zu bündeln.
"Große Vögel - kleine Vögel" ist entsprechend ein Film über das Scheitern der Ideologien, verkörpert in der Gestalt eines sprechenden Raben, einer Art wiederauferstandenem Togliatti, zugleich eine Personifikation Pasolinis selbst. Ausgerechnet zwei ausgewiesene Kleinbürger sind es - ein Vater, gespielt vom berühmten Totò, und sein Sohn, Ninetto Davoli in seiner ersten Rolle -, denen der Unglücksrabe sich auf ihrem scheinbar ziellosen Weg auf der "Straße, von der niemand weiß, wohin" zugesellt.

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